Interview zum Schwerbehindertenausweis mit Anieke Fimmen©Denny Brückner/SoVD
Erschwerte Alltagsbedingungen für Psoriasis-Betroffene

Schwerbehindertenausweis bei Schuppenflechte – Wie funktioniert das?

Wer hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis?

Grundsätzlich hat jeder Mensch, der in der Bundesrepublik Deutschland wohnt, arbeitet oder einen regelmäßigen Aufenthalt hat Anspruch auf einen (Schwer-)Behindertenausweis. Zusätzlich muss ein sogenannter Grad der Behinderung von mindestens 50 bei der antragsstellenden Person vorliegen. Jeder Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis wird individuell bei Antragsstellung vom zuständigen Versorgungsamt geprüft. Für die Feststellung einer Schwerbehinderung entstehen keine Kosten.


Wie wird die Schwere der Behinderung eingeteilt?

Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 10 spricht man in Deutschland von einer Behinderung. Die Schwere wird von 10 bis 100 in Zehnerschritten gestaffelt. Einen Nachteilsausgleich kann man ab einem Grad von 20 geltend machen. Ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor. Der GdB wird auf Antrag von einem Gutachter bemessen. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, wird ein Gesamt-GdB ermittelt.

„Es ist ganz häufig so, dass man nicht nur eine Einschränkung hat, sondern dass sich das addiert, und es ist dann Aufgabe des Versorgungsamtes, einen Gesamtwert zu ermitteln.“



Hinweis der „Bitte berühren“-Redaktion: Bei der SchuppenflechtePsoriasis. Chronisch-entzündliche Erkrankung, die zu den Systemerkrankungen zählt, da die Entzündung nicht nur die Haut, sondern den gesamten Körper betrifft. handelt es sich um eine systemische Erkrankung, die mit verschiedenen Begleiterkrankungen (Psoriasis-ArthritisChronisch-entzündliche Systemerkrankung, bei der es neben den für Schuppenflechte typischen Hautveränderungen (Plaques), auch zu einer Gelenkentzündung kommt., Nagel-PsoriasisSchuppenflechte. Chronisch-entzündliche Erkrankung , die zu den Systemerkrankungen zählt, da die Entzündung nicht nur die Haut, sondern den gesamten Körper betrifft., Herzerkrankungen etc.) einhergehen kann. Achten Sie deshalb besonders darauf, dass mögliche weitere Erkrankungen bei der Ermittlung des GdB von Ihnen genannt und ausreichend berücksichtigt werden."


Wie erhält man einen (Schwer-)Behindertenausweis?

Sobald eine dauerhafte Behinderung, Erkrankung oder anderweitige Beeinträchtigung festgestellt wurde, die länger als sechs Monate bestehen wird, kann es ratsam sein, sich mit der Beantragung eines (Schwer-)Behindertenausweises auseinanderzusetzen.

Der erste Weg zur Ausstellung eines (Schwer-)Behindertenausweises führt zur behandelnden Ärztin bzw. Arzt. Dabei kann es sich um Ansprechpartner der Allgemeinmedizin handeln, aber beispielsweise auch aus der Dermatologie. Hier kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden, ob ein Anspruch auf einen (Schwer-)Behindertenausweis besteht und welche individuellen Vorteile sich daraus für den Einzelnen ergeben könnten.

Für die Ausstellung eines (Schwer-)Behindertenausweises ist ein förmlicher Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung beim zuständigen Versorgungsamt einzureichen. Die Anträge unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland und müssen entsprechend des derzeitigen Wohnorts ausgewählt werden. Hier finden Sie eine Suche, die Sie bei der Identifizierung des richtigen Versorgungsamtes unterstützen kann.

Für die Beurteilung des Grades der Behinderung (GdB) benötigt das Versorgungsamt eine Reihe von Unterlagen:

  • Dokumente der behandelnden Ärzt*innen
    Befunde und Gutachten mit jeweiligem Behandlungszeitraum und -ort, Berichte über Reha- und Krankenhausaufenthalte (z.B. Entlassungsbrief), Laborberichte, EKGs, Röntgenbilder etc.
  • Amtliche Gutachten
    z.B. von der Krankenkasse, Rententrägern, Agentur für Arbeit etc.
  • Anerkennungsbescheide
    über Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, Wehr-/Zivildienste
  • Informationen zu bereits gestellten Anträgen sozialer Leistungsträger
  • Informationen zu besuchten Einrichtungen für Menschen mit Behinderung
    z.B. Sonder-/Förderschulen, Werkstätten, o.Ä.
  • Ein Lichtbild für den Ausweis

„Es ist ganz wichtig, beim Antrag die Auswirkungen der Erkrankung und damit verbundene Einschränkungen im Alltag möglichst genau zu beschreiben und sich durch ärztliche Atteste bestätigen zu lassen.“

Die Hausärztin bzw. der Hausarzt ist während des gesamten Verfahrens eine wichtige Ansprechpartnerin bzw. ein wichtiger Ansprechpartner und kann bei den erforderlichen Nachweisen und Attesten helfen. Die gesammelten Unterlagen müssen dem zuständigen Versorgungsamt vorgelegt und anschließend von den Sachbearbeiter*innen geprüft werden. Die Prüfung der Unterlagen kann einige Zeit in Anspruch nehmen und ist von Behörde zu Behörde verschieden. In der Regel werden für die Prüfung der Unterlagen drei bis sieben Wochen veranschlagt. Nach Abschluss der Bearbeitung erhält man einen Feststellungsbescheid.


Wo ist der Ausweis gültig?

Der (Schwer-)Behindertenausweis ist aktuell nur in Deutschland gültig. Jedoch gibt es derzeit eine Initiative der EU-Kommission, die sich für die internationale Anerkennung des Ausweises einsetzt. Denn Schwerbehindertenausweise gibt es bereits auf der ganzen Welt.

„Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf die gleichen Rechte wie Menschen ohne Behinderungen, und diese Rechte dürfen nicht an einer Grenze Halt machen.“


Wo finde ich Unterstützung?

Beim Ausfüllen des Antrags können verschiedene Institutionen behilflich sein, z.B. Sozialstationen, Pflegestützpunkte, Schwerbehindertenvertretungen oder Sozialverbände wie der Sozialverband Deutschland. Neben der Unterstützung einer Antragsstellung, stehen diese Ansprechpartner auch im Falle eines Widerspruchs mit Rat und Tat zu Seite.

Hier finden Sie wichtige Anlaufstellen, auf die Sie in Punkto (Schwer-)Behindertenausweis zählen können:


Was passiert, wenn ein Antrag abgelehnt wird?

Leider kommt es vor, dass Menschen aufgrund der Aktenlage zu niedrig eingestuft werden und damit einen zu geringen GdB erhalten. Dagegen können die Antragsstellenden innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen. Wichtig ist, dass der Widerspruch in schriftlicher Form erfolgt.

Neben dem Einreichen eines schriftlichen Widerspruchs ist es ratsam, auf eine Anwältin bzw. einen Anwalt für Sozialrecht zuzugehen, um zu überprüfen, ob der Widerspruch erfolgsversprechend ist. Die Anwältin bzw. der Anwalt kann außerdem eine Begründung für den Widerspruch verfassen. Sofern der Widerspruch erfolgreich ist, übernimmt das Amt die Anwaltskosten.


Hinweis der „Bitte berühren“-Redaktion: Der Schwerbehindertenausweis ist ein bundeseinheitlicher Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft, aus dem der Grad der Behinderung hervorgeht. Im Ausweis sind der Grad der Behinderung (GdB) und etwaige Merkzeichen sowie die Gültigkeitsdauer vermerkt. Mit dem Schwerbehindertenausweis können Sie sich gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, Behörden usw. als schwerbehinderter Mensch ausweisen. Dies ist zum Beispiel erforderlich, um gesetzlich geregelte Nachteilsausgleiche und Vergünstigungen zu erhalten. Weitere grundlegende Informationen zum (Schwer-)Behindertenausweis finden Sie hier.

 

Frau Fimmen, vielen Dank für das Interview.


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